2022 ist es wieder so weit: Von März bis Mai finden Betriebsratswahlen statt. Der Wahlzeitraum ist für alle Unternehmen in Deutschland gleich – Ausnahmen gibt es nur aus besonderem Anlass, zum Beispiel bei Neugründung eines Betriebsrats. Eine gute Gelegenheit, auf die Wichtigkeit der Mitbestimmung und die Verantwortung der Betriebsräte aufmerksam zu machen.
Komplexe Themen brauchen kompetente Betriebsräte
Nur ein geschulter Betriebsrat ist ein guter Betriebsrat. Die bevorstehenden Wahlen unter Corona-Bedingungen machen deutlich, wie wichtig Betriebsrat Seminare sind. Haben Sie schon einen Wahltermin festgelegt? Egal ob Anfang März oder Ende Mai, Sie können nicht sicher sein, ob es zu diesem Zeitpunkt immer noch eine gesetzliche Homeoffice-Pflicht gibt. Wie sammeln Sie die erforderlichen Stützunterschriften, wie viele Unterschriften brauchen Sie? Dürfen Sie allen Mitarbeitenden Briefwahlunterlagen schicken, auch wenn diese regelmäßig im Betrieb sind? Woher bekommen Sie die Privatadressen der wahlberechtigten Kolleg*innen bei Arbeitnehmerüberlassung? Dürfen Sie das vereinfachte Wahlverfahren nutzen? Das sind aktuelle Fragen, die in einem Seminar für Wahlvorstände beantwortet werden – unter Berücksichtigung der aktuellen Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz.
Hat sich der neue Betriebsrat konstituiert, muss den neuen Betriebsräten das Betriebsverfassungsgesetz in Fleisch und Blut übergehen – allgemeine Vorschriften, Mitbestimmung in personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Und auch den alten Hasen tut ein Auffrischungsseminar gut – Stichwort Betriebsräte-Modernisierungsgesetz, das zwar neue digitale Möglichkeiten eröffnet, aber diese Optionen an Voraussetzungen in der Geschäftsordnung knüpft. Wer hier nicht sauber arbeitet, läuft Gefahr, unwirksame Beschlüsse zu fassen.
Betriebsrat brauchen wir nicht – oder doch?
Der Chef ist nett, die Hierarchien flach, alles läuft prima. Wozu dann ein Betriebsrat?
Erstens gibt es immer wieder Mitarbeitende, die sich nicht trauen, ihre berechtigten Anliegen und Kritikpunkte vorzubringen. Ob Ängste berechtigt oder unberechtigt sind, kann dahingestellt bleiben. Betriebsräte sind ein Sprachrohr für solche Menschen, denn es zählen nicht die lautesten Töne.
Zweitens, Gespräche zwischen Mitbestimmung und Arbeitgeber bedeuten keinesfalls immer Konfrontation. Langfristige Untersuchungen zeigen, dass sich in Betrieben mit Betriebsrat die Produktivität erhöht. Betriebsräte haben nicht nur Informations- und Mitbestimmungsrechte, sondern in manchen Fragen sogar ein Initiativrecht. Das führt im Idealfall zu Win-win-Situationen, von denen auch der Arbeitgeber profitiert.
Und drittens: Die beiden Jahre der Corona-Krise haben gezeigt, wie schnell Change-Prozesse ablaufen müssen und können. Covid19, Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten und Desksharing in reduzierten Büroflächen haben Auswirkungen auf viele Fragen, in denen Betriebsräte mitreden und das Unternehmen gemeinsam mit der Arbeitgeberseite fit machen für die neue Arbeitswelt:
- Arbeits- und Pausenzeiten
- Urlaubsgrundsätze und Urlaubsplanung
- Leistungskontrolle
- Lohngestaltung einschließlich leistungsbezogener Entgelte
- Gestaltung von Führung und (mobiler) Teamarbeit
- Arbeits- und Gesundheitsschutz
- Fragen der betrieblichen Ordnung, zum Beispiel Zutrittskontrollen und 3G-Regelung
- Impfangebote des Arbeitgebers
Das sind viele Argumente für einen Betriebsrat. Sie zeigen zugleich, wie interessant und abwechslungsreich dieses Ehrenamt ist. Besteht kein Betriebsrat, ist jetzt die beste Zeit, ihn zu gründen. Das Betriebsräte-Modernisierungsgesetz hat nicht nur die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens ausgeweitet und die Zahl der erforderlichen Stützunterschriften reduziert. Es gibt auch einen verbesserten Kündigungsschutz für bis zu sechs Personen, die zu einer Wahlversammlung einladen. Die Behinderung von Betriebsratsarbeit ist eine Straftat, die künftig auch ohne Anzeige verfolgt werden soll.
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